Herr Lenke, auch dieses Jahr gibt es eine "Woche der Diakonie" – warum braucht es sie, wenn doch täglich diakonisch gearbeitet wird?
Lenke: In der Woche der Diakonie laden insbesondere unsere Kirchengemeinden zu Diakoniegottesdiensten und diakonischen Aktivitäten vor Ort ein, blicken auf die sozialen Angebote in ihrer Gemeinde und binden dabei die diakonischen Akteur*innen des lokalen Netzwerkes ein. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nur erfolgreich sein werden, wenn wir als Kirche und Diakonie noch mehr miteinander kooperieren. Das passiert meines Erachtens noch zu wenig. Es ist absolut notwendig, dass in dieser Woche dieser Zusammenarbeit Raum gegeben wird.
Worauf liegt dieses Mal der Fokus?
Lenke: Vor 175 Jahren hat Johann Hinrich Wichern auf dem Kirchentag in Wittenberg seine berühmte Rede gehalten und ist damit zum Mitbegründer der modernen Diakonie geworden, Seine Rede hat viele Menschen begeistert und nachhaltig geprägt. An diese Begeisterung wollen wir in diesem Jahr erinnern und anknüpfen. Es ist diese Begeisterung, die auch heute eine zentrale Antriebsfeder ist und dafür sorgt, dass sich Menschen in unserer Gesellschaft vernetzten und gemeinsam engagieren, also: Verantwortung füreinander übernehmen. Wir wollen die Menschen würdigen, die sich in der Vergangenheit und heute für andere Menschen in unseren Gemeinden einsetzen: Aus Liebe, Verantwortung und den Wunsch, füreinander da zu sein.
Die Diakonie setzt sich seit 175 Jahren für Menschen am Rande und in Not ein – was hat sich seitdem klar verbessert, oder auch nicht?
Lenke: Als Diakonie haben wir immer wieder auf die veränderten Lebenswirklichkeiten reagiert und versucht, den notwendigen Anforderungen verantwortungsbewusst zu begegnen. Das ist uns oft gelungen. Dort, wo Fehler passiert sind und auch Unrecht geschehen ist, klären wir auf und lernen daraus. Dazu kommt, dass sich die Diakonie verändert hat. Neben der gemeindenahen Diakonie hat sich eine professionalisierte Diakonie entwickelt, die sich wirtschaftlich auf dem Sozialmarkt behaupten muss. Das hat zu vielen positiven Entwicklungen geführt. Aber in diesem Kontext wird schnell auch deutlich, dass Nächstenliebe neben der Professionalität allein nicht ausreicht, sie ist und bleibt aber der Kompass unseres Handelns. Sie gibt uns die Richtung vor und bildet den Rahmen, in dem sich unser Tun bewegen sollte. Ich wünsche mir zu unserem Jubiläum, dass wir uns als Kirche und Diakonie weiter gemeinsam für eine soziale und gerechte Gesellschaft einsetzen.
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